Urteil im Mordprozess an Christopher W.

Am 17. April 2018 ermordeten drei junge Männer mit rechtsextremer Einstellung im Alter zwischen 21 und 26 Jahren ihren angeblichen Freund, Christopher W. in Aue. Mehr als ein Jahr später ist nun das Urteil am Chemnitzer Landgericht gesprochen worden. Der Angeklagte Terenc H. wurde zu 14 Jahren, Stephan H. und Jens H. wurden zu je 11 Jahren mit Unterbringung in einer Entziehungsanstalt, nicht wegen Mordes, sondern wegen Totschlags verurteilt.

Am Tag der Tat trafen sich die Täter (Terenc H., Jens H. und Stephan H.) und Christopher wie üblich auf dem Postplatz in Aue. Später gingen sie auf das Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs. Dort beschimpften, schlugen und misshandelten sie den homosexuellen Christopher aufs Brutalste bis zu seinem Tod. Dabei benutzten die Täter u. a. eine Eisenstange, eine Neonröhre, Glasscherben sowie eine Tür, mit der sie Christophers Kopf zertrümmerten. Er starb an einer Hirnstammprellung und -zertrümmerung. Bereits zuvor hatte es Auseinandersetzungen zwischen Stephan H. und Christopher gegeben, welche sich in Körperverletzungen, Beleidigungen und Drohungen gegen ihn widerspiegelten. Christopher verbrachte zwar viel Zeit mit Terenc H. und Jens H., jedoch wurde er nur ausgenutzt und gemobbt. Die Staatsanwaltschaft forderte für Terenc H., da sie ihn als treibende Kraft mit Tötungsvorsatz ansah, eine lebenslange Freiheitsstrafe wegen Mordes. Bei Stephan H. eine Strafe von 13 Jahren und 6 Monaten wegen Totschlags und bei Jens H. eine von 12 Jahren und 6 Monaten, ebenfalls wegen Totschlags. Die Strafkammer sah die Voraussetzungen für eine Verurteilung wegen Mordes nicht gegeben. Sie wertete die Tat als Gruppentat und sieht Terence H. ebenfalls als Initiator an. Heimtücke hätte nicht vorgelegen. Die rechtsextreme Einstellung der Täter wurde am letzten Prozesstag nicht thematisiert, auch nicht von der Staatsanwaltschaft. Auf eine Kleine Anfrage eines Landtagsabgeordneten hin, verneinte die Staatsregierung bereits im Oktober 2018 Anhaltspunkte für eine politisch motivierte Straftat. Das vornehmliche Motiv wurde darin gesehen, dass die Täter Christopher vorwarfen, Unwahrheiten über sie verbreitet zu haben. Gegen alle drei Täter wurden in den Jahren vor dem Mord zahlreiche Ermittlungsverfahren geführt. Die Palette reichte von Nötigung, besonders schwerem Fall von Diebstahl, Verstöße gegen das BtmG bis zur vorsätzlichen Körperverletzung. Bezeichnend ist, dass gegen alle drei Verurteilten bereits wegen Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen bzw. lautstarkes Äußern antisemitischer Parolen, ermittelt wurde. Sie äußerten „Heil Hitler“-Rufe oder zeigten ein auf dem Oberkörper angebrachtes Hakenkreuz in der Öffentlichkeit. Diese Strafverfahren wurden alle als politisch motivierte Straftaten (rechts) eingeordnet, jedoch in den meisten Fällen von der Justiz wieder eingestellt. Auch in den sozialen Medien stellte zumindest Stefan H. seine rechtsextreme Gesinnung offen zur Schau. Dieser trug selbst zur Urteilsverkündung eine Jacke der rechten Modemarke Thor Steinar. Während des Prozesses saßen Stephan H und Terenc H. völlig anteilnahms- und regungslos da. Beobachtbare Schuldgefühle Fehlanzeige. Jens H. blickte meistens mit gesenktem Kopf zu Boden.

Der Prozess erstreckte sich auf dreizehn Prozesstage und dauerte mehr als ein halbes Jahr. Die Angeklagten beschuldigten sich durch ihre Anwälte immer wieder gegenseitig. Erst gegen Ende des Prozesses wurde ein psychiatrisches Gutachten erstellt. Der Gutachter sagte jedoch aus, dass er bis heute nicht wirklich gegriffen habe, was die Angeklagten umgetrieben habe. Dieser Ansicht schlossen sich auch die Strafkamner und die Staatsanwaltschaft an. Verminderte Schuldfähigkeit liegt nach dem Gutachter jedoch nicht vor. Auch konnte keine durch Alkohol verminderte Steuerungsfähigkeit erkannt werden. Es stehe jedoch fest, dass kein rechtsextremer Hintergrund vorliege. Auch habe nur ein Angeklagter einer rechtsgerichtete Gesinnung, welche der Gutachter als „Orientierungssuche“ abtat. Dies widerspricht klar den oben genannten rechtspolitischen Straftaten, die alle drei Täter begangen haben. Nach dem Gutachten sei ein Schwulenhass zwar angeklungen, jedoch nicht im Kontext rechtsradikaler Überzeugung. Auch die Staatsanwaltschaft sieht keine Anhaltspunkte für einen rechtsextremen Hintergrund. Gutachter, Strafkammer und Staatsanwaltschaft verschließen die Augen und stellen allein die Alkoholabhängigkeit der Verurteilten bzw. verminderte Intelligenz in den Fokus. Die rechte Einstellung der Täter wird verdrängt. Und das obwohl selbst Zeugen im Prozess aussagten, dass einer der Täter noch am Abend nach der schrecklichen Tat „Heil Hitler“ aus dem Fenster seiner Wohnung rief. In den zahlreichen Prozesstagen, war keine Rede von einer rechtsmotivierten Tat. Die Richterin oder die Staatsanwaltschaft stellten hierzu den Angeklagten keine Fragen. Auch wenn Alkohol eine Rolle gespielt hat, trug die rechtsradikale und damit gewaltverherrlichende Einstellung der Täter entscheidend dazu bei, eine solche Tat zu begehen. Homosexuelle passen nicht in ihr Weltbild. Für uns ist und bleibt dieser Mord ein rechtsradikaler Mord!