Keine Chronik zu rechten Aktivitäten und Gewalttaten im Erzgebirge 2022

Seit 2014 bringen wir jährlich eine Chronik zu rechten Aktivitäten und Gewalttaten im Erzgebirge heraus. Dieses Jahr wird es keine Veröffentlichung geben. Dieser Beitrag erklärt warum.

Das Jahr 2022 war für uns als politische Gruppe geprägt von zahlreichen Rückschlägen: Hausdurchsuchung bei Genoss:innen, die unangenehme 1. Mai Anreise, anhaltende rechte Demos und letztlich eine immer noch pandemische Lage versetzten uns in eine passive Lage. Daraus folgte die Flucht in andere Projekte, ins Private oder gelegentlich auch in städtische Strukturen des Landes. Nicht zuletzt der imperialistische Angriffskrieg Russlands, die daraus resultierenden innerlinken Debatten sowie die existenziellen Nöte vieler Menschen hierzulande und ihr Umgang aufgrund der reaktionären Strukturen im Erzgebirge, stellte uns als Gruppe zu oft nicht nur vor offene Fragen sondern auch hinter unsere politische Ansprüche.

Unabhängig dieser internen Aspekte nahmen die uns gemeldeten Fallzahlen in den vergangenen Jahren rapide ab. Diese grundsätzlich erfreuliche Tendenz trübt, wenn man die örtliche Normalität sich vor Augen führt. Über Monate hinweg prägen rechte Demonstrationen das Geschehen der Region sowie in ganz Sachsen. Wir müssen uns an dieser Stelle eingestehen nicht annähernd ein repräsentatives Bild zeichnen zu können.

Während also das gesellschaftliche Interesse vorort spürbar abnimmt, wächst die „institutionelle“ Aufmerksamkeit hinsichtlich des Erzgebirges sowie dem Thema Monitoring. Dies äußert sich beispielhaft in vermehrten Beiträgen bundesweiter Zeitschriften, wie am neulichen Eklat Schneeberger Polizeischüler [1] oder Beiträgen zur lokalen Reichsbürger-Bewegung. [2] [3]

Jene Situation ermöglicht es uns nicht, die Chronik wie in den letzten Jahren gewohnt zu veröffentlichen und werden auch für das Jahr 2023 davon absehen. Dennoch appelieren wir an alle Freund:innen weiterhin Aktivitäten und Gewalttaten zu melden. Das hilft uns einerseits Nazistrukturen im Überblick zu behalten. Andererseits werden wir Gewalttaten und Aktivitäten an RAA Sachsen weiterleiten. Die Opferberatung führt zudem eine sehr ausführliche Online-Chronik, welche wir euch ans Herz legen.

Abschließend möchten wir uns bei allen Menschen und Gruppen bedanken, die uns auch im vergangenen Jahr  unterstützt, mit uns Kontakt gehalten oder im Zuge der Hausdurchsuchung Solidarität geübt haben. Ihr seid, genauso wie alle Interessierte zu unserem offenen Antifa-Treffen am 25. März eingeladen.

Den Faschos, die diese Worte hier lesen, sei gesagt – wir behalten euch weiterhin im Auge. Es gibt kein ruhiges Hinterland!

[1] https://www.sueddeutsche.de/panorama/polizei-schneeberg-rechte-vorwuerfe-kripo-ermittelt-gegen-drei-polizei-azubis-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-230310-99-903274

[2] https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2022-12/rechtsextremismus-reichsbuerger-sachsen-afd-cdu

[3] https://www.zeit.de/gesellschaft/2022-12/rechte-erzgebirge-ostdeutschland-demonstration-rechtsextremismus

Titelfoto: Johannes Grunert